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Mein zweiter Besuch in Gaza
12. bis 17. Mai 2011

Peter Voß

GazaNoGoKl
Gazakarten : 'OpenStreetMap' 'Zerstörungen'; 'no-go'; 'Satelliten': Google Earth oder Google Maps, sonst (28 MB)

Die Veranstalter-Berichterstattung der Vik2Gaza-Reise wurde nach etwa einem Jahr gelöscht.

Einleitung

EuPDieser Bericht ist sehr verschieden von meinem Bericht über die Reise vor fast genau einem Jahr im Mai 2010. Ursprünglich hatte ich eine Fortsetzung der Reise des letzten Jahres geplant, aber die Umstände in Ägypten waren diesmal für mich deutlich ungünstiger und gegen Ende April hatte ich die Hoffnung aufgegeben, in diesem Jahr nach Gaza zu kommen.

Nur zwei Tage später ergab sich die Aussicht, mit dem Konvoi 'Mensch Bleiben' mitzufahren, der am 15. Mai in Gaza Vittorio Arrigoni gedenken wollte, einen Monat nachdem er ermordet wurde. Meine Mitreisende Edith Lutz und ich wussten nur sehr wenig über den Konvoi als wir in Kairo am 10. Mai ankamen.

Es war von Anfang an klar, dass jede Art von Gruppenreise nach Gaza unter völlig anderen Bedingungen stattfinden würde als meine Einzelreise vor einem Jahr. Die Ermordung von Vittorio Arrigoni war ein Anzeichen dafür, dass Besucher von außerhalb weniger sicher waren. Wir mussten uns deshalb darauf einstellen, die ganze Zeit unter strenger Bewachung zu sein.
Dementsprechend war die Hoffnung von vornherein gering, dass es möglich sein würde, sich von der Gruppe abzusetzen, besonders wenn es darum ging, in längeren Ausflug zu unternehmen oder Gegenden in der Nähe der Waffenstillstandslinie zu besuchen. Es war in der Tat nicht möglich. Allerdings wurde es uns gestattet, Institutionen oder Leute zu besuchen, wenn wir von einer vertrauenswürdigen Person begleitet wurden.

Über die Hauptereignisse des CO.R.UM  wird auf der Webseite (www.vik2gaza.org)  berichtet. In diesem Bericht werde ich nur versuchen, einige zusätzliche Informationen beizusteuern, einige für die Teilnehmer, von denen ich glaube, dass sie wegen der kurzen Zeit unserer Anwesenheit oft nicht wussten wo genau in Gaza sie sich befanden, und einige für das allgemeine Publikum als eine Chronik der Ereignisse.

Von den Teilnehmern der Kerngruppe wurde für die Dokumentation viel fotografiert und gefilmt, wobei man meist sehr dicht am Ereignis blieb. Wie es sowieso meine Gewohnheit ist, beschloss ich, mehr im Hintergrund zu bleiben und zu versuchen, einen Überblick zu geben. Ich hatte mich mit einer besseren Videokamera ausgerüstet und das Filmen aus größerer Entfernung und das Extrahieren von Einzelbildern aus den Videos bereitete diesmal keine Schwierigkeiten.

Der Hauptzweck dieser Reise war das Gedenken an Vittorio Arrigoni, seine Freunde in Gaza zu treffen sowie die Gruppen und Institutionen, mit denen er zusammengearbeitet hat und die seines Todes in der einen oder anderen Weise gedachten. Ich war Vittorio Arrigoni zweimal begegnet, aber nicht in einer Form, dass er gewusst hätte wer ich war. Nach meiner ersten Reise war ich in Email-Kontakt mit ihm und er schrieb mir, dass er mich in Gaza gesehen hätte. Ich hatte nicht gewußt, dass er sich dort aufhielt.

Wir trafen uns mit dem Rest der Gruppe am Abend des 11. Mai in Kairo. Die 73 Teilnehmer starke Gruppe bestand zu 90% aus Italienern, der Rest waren verschiedene Nationalitäten. Edith und ich waren die einzigen Deutschen.

12. Mai 2011
at checkpointAm Morgen des 12. Mai fuhren wir begleitet von bewaffneten Polizisten in Zivil in zwei Bussen los (einziges noch verbliebenes Vik2Gaza-Video).  Als wir uns El Arish näherten, nahm die Zahl der Kontrollpunkte zu. Am ersten Kontrollpunkt fotografierten einige von uns, wovon die Ägypter nicht sehr angetan waren. Ich dachte ich hätte ein Foto heimlich zustande gebracht; dem war aber offensichtlich nicht so. Jedenfalls wurden von hier ab keine (bzw. kaum noch) Bilder mehr von militärischen Einrichtungen aufgenommen. Nicht weit von El Arish wurden wir an einem der Kontrollpunkte aufgehalten, und es bedurfte mehr als zwei Stunden intensiven Telefonierens bevor wir dann ohne weiteren Aufenthalt weiterfahren durften.

Am Rafah- Übergang mussten wir die Busse verlassen. Das Gepäck wurde kontrolliert und unsere Pässe eingesammelt. Letztere blieben in Ägypten, wohl um sicherzustellen, dass die ganze Gruppe am 17. Mai wieder zurückkehren würde. Zwischen der ägyptischen unter palästinensischen Grenzstation fahren Pendelbusse. Auf der palästinensischen Seite bestiegen wir dann Busse, die uns zu unserem Quartier am Hafen von Gaza Stadt brachten. Wir waren alle in einem Gebäude untergebracht, in welchem wir über mehrere Wohnungen verteilt wurden, in denen Schaumstoffmatratzen, Laken und Decken bereitgestellt wurden. Die meisten Teilnehmer hatten Schlafsäcke mitgebracht. Für mich war dies eine Art der Unterbringung wie ich sie vom Einsatz bei der Olivenernte her gut kannte.

Nachdem wir uns eingerichtet hatten, fuhren wir zu einem Restaurant in der Stadt zum Abendessen und anschließend zu einem Gartenrestaurant, der 'Galerie', wo wir uns ausruhen und einige Filme anschauen konnten. In einem dieser Filme ging es um Vittorio. Unsere Tage endeten abends immer in diesem Restaurant.



13. Mai 2011
DaboZeitounMapDas Programm für diesen Tag war im wesentlichen eine Stadtrundfahrt. Wir fuhren quer durch die Stadt bis zur Salah El Deen Straße, folgten dieser ein Stück in Richtung Beit Hanoun und bogen dann ab zum Dorf Iazbat Abu Drabo (Vik2Gaza, 'we are getting to know Gaza'). Wie die Karte zeigt, wurde dieses Dorf während der israelischen Operation 'Gegossenes Blei' zur Jahreswende 2008/20009 stark zerstört (die Karte wurde aus fünf Einzelkarten zusammengesetzt, die von der UN aus Satellitenbildern erzeugt wurden. Jeder rote Punkt steht für ein zerstörtes Gebäude). Wenn der 'Gaza Freedom March' im Januar 2010 wie geplant stattgefunden hätte, dann wäre dieses Dorf der Ausgangspunkt für die Demonstration in Richtung zum Erez-Übergang gewesen. Die kleine Demonstration, die dann tatsächlich stattfand, war anscheinend wesentlich kürzer, gerade mal lang genug, um ein paar Fotos zu schießen.

Die Gegend, durch die wir fuhren, war mir nicht vertraut. Deshalb weiß ich nicht genau wo entlang wir vom Dorf aus in Richtung 'Süden' fuhren (eigentlich Richtung Südwest). Früher oder später erreichten wir die Wadi Al Arayes Straße, die wir bis zur Einmündung in die Al-Karama Straße weiterfuhren ( zu Straßennamen siehe OpenStreetMap). Auf dieser fuhren wir bis zur Salah El Deen Straße und bogen in Richtung 'Norden' ab bis wir Zeitoun erreichten, wo wir die al Samouni-Familie besuchten. Ich bin mir nicht sicher wo genau diese Häusergruppe lag; offensichtlich in einer der beiden Anhäufungen roter Punkte auf der Karte.

al SamouniZu diesem Besuch (Video, Fotos waren bei Vik2Gaza). Die al Samouni-Familie war unlängst im Zusammenhang mit einem Artikel von Richard Goldstone in der Washington Post vom 1. April wieder in den Nachrichten. Der zweite Satz in diesem Beitrag lautet:"Hätte ich gewusst, was ich heute weiß, wäre der Goldstone-Bericht ein anderes Dokument geworden." Und weiter unten:"Zum Beispiel, der schwerwiegenste Angriff, der im Goldstone-Bericht behandelt wird, befasste sich mit der Tötung von 29 Mitgliedern der al-Samouni-Familie in ihrem Haus. Der Beschuss dieses Hauses war offenbar das Ergebnis der Fehlinterpretation eines Drohnenbildes durch einen israelischen Kommandeur, und gegen einen israelischen Offizier wird wegen dieses Angriffs ermittelt. Wenn auch die Dauer dieser Ermittlung frustriernd ist, scheint die entsprechende Untersuchung zu laufen, und ich bin sicher, dass, wenn sich dieser Offizier als nachlässig herausstellen sollte, Israel entsprechend reagieren wird. Wie ich immer betont habe, ist der Zweck dieser Untersuchungen, für unzulässige Handlungen Rechenschaft abzulegen, nicht im Nachhinein Kommandeure zu kritisieren, die in Gefechtssituationen schwierige Entscheidungen treffen müssen." Jedermann wunderte sich wie er wohl zu dieser Eingebung kam, denn es gibt keinen neuen Erkenntnisse.

American School al AndalosDie Busse fuhren uns dann nicht weit von der Küste entfernt entlang der Naser-Straße durch die Stadt bis wir das nördliche Ende der Stadt erreichten, wo wir uns ab dem Andalos- Tower- Hochhaus näher zur Küste hin bewegten.Das Hochhaus ist das höchste Gebäude in Gaza und wurde offensichtlich während der Operation "Gegossenes Blei" für Schießübungen ausersehen. Wir fuhren parallel zur Küste weiter und an der Stelle vorbei, an der sich die amerikanische Schule (El Americia School) befunden hat, die ebenfalls während der Operation"Gegossenes Blei" angegriffen wurde.

Dann ging es an der Küste entlang und am Hafen vorbei zurück zu einem Strandrestaurant zum Mittagessen. Das Restaurant war eines der vielen Hochzeitrestaurants am Strand und hatte dafür eine eindrucksvolle Bühnendekoration.

Nach dem Essen hörte es sich so an als würde es der Gruppe gestattet, sich zum Strand hinunter zu begeben. Einige Leute schafften es offenbar auch dorthin. Bis ich meinen Weg gefunden hatte wurden aber alle schon wieder von den Sicherheitsleuten zurückgescheucht und der Strand den Eseln überlassen.
wedding deco beach donkeys

Den Rest des Tages verbrachten wir in der 'Galerie'. Es gab einige kleinere Treffen, an denen ich nicht teilnahm. Stattdessen traf ich mich mit einigen Leuten, die ich im Jahr zuvor kennengelernt hatte, wie Dr. Alaa und dessen Frau, eine Klavierlehrerin. Ich hatte sie im letzten Jahr nur kurz getroffen. Zu meiner Überraschung war er einer der Hauptbetreuer unserer Gruppe. Weiterhin traf ich mich mit Dr. Schokry von der islamischen Universität und Alaa Sade Saed, meinem damaligen privaten Taxifahrer, der mir vieles gezeigt hat, was ich sonst nicht gesehen hätte. Leider war es mir während dieser Tage nicht möglich, mich mit allen Leuten zu treffen, die ich gerne wiedergesehen hätte, weil es Terminschwierigkeiten gab.

14. Mai 2011
An diesem Morgen liefen wir zunächst das kurze Stück zum Hafen, wo wir uns das Boot Oliva anschauten. Das Boot war ein Projekt von Vittorio und dem International Solidarity Movement (ISM) und ist dafür gedacht, die Fischer auf dem Weg hinaus auf die See zu begleiten, als deutlich sichtbares Zeichen für die israelische Marine, dass sie unter internationaler Beobachtung ist. An diesem Morgen trafen wir uns mit einer Delegation der Fischer und wir unternahmen eine erste Besichtigung des Bootes (Vik2Gaza Bericht, Video, Fotos). Wir würden am 15. Mai zurückkehren, einen Monat nachdem Vittorio ermordet wurde, um seiner zu gedenken. Edith Lutz, die acht Monate zuvor versucht hatte, auf dem jüdischen Boot 'Irene' Gaza zu erreichen, hatte eine Collage des Bootes mitgebracht (Vik2Gaza-Bericht).


Vom Hafen fuhren uns die Busse zum Platz des Unbekannten Soldaten, wo am Vorabend des Nakba- Tages eine Demonstration stattfand.

GazaCitySat

flag waving protesters



Es ging weiter zum Shifa-Krankenhaus 
(Vik2Gaza Bericht, Video1, Video2). Nach einem Begrüßungsempfang begannen wir mit einer Besichtigung des Krankenhauses, aber es zeigte sich, dass wir zusammen mit unserer palästinensischen Begleitung einfach zu viele Leute dafür waren. Deshalb wurde die Besichtigungsgruppe auf wenige Leute reduziert.
Shifa

Die nächste Station war das Jabalia Sportzentrum 
(Vik2Gaza-Bericht).
Jabalia

Jabalia sport Jabalia sport
Neben anderen Aktivitäten fand dort ein Fußballspiel statt zwischen einer palästinensischen und einer italienischen Mannschaft. Für die Palästinenser war es vielleicht etwas überraschend, dass auf der italienischen Seite ein Mädchen mitspielte.

Dann ging es zum letzten Besuch an diesem Tag, zum Al Wahda-Krankenhaus (Vik2Gaza-Bericht). Hier versuchte man nicht, der ganzen Gruppe das Krankenhaus zu zeigen. Die meisten von uns blieben im kleinen Park vor dem Krankenhaus. Den Rest des Tages verbrachten wir dann wieder im 'Galerie'-Restaurant, wo wir unsere E-Mails lesen und schreiben konnten und uns entspannen konnten. Die Mediengruppe verfasste hier immer ihre Tagesberichte.

15. Mai 2011
Der 15. Mai war Nakbatag. Für den späten Vormittag war die Teilnahme an der Demonstration geplant. Davor sollte am Hafen eine Gedenkveranstaltung für Vittorio stattfinden (vik2gaza) und ein Besuch bei der Kooperative der Fischer. Wir waren später aufgebrochen als geplant und während des Vormittags gab es einiges an Durcheinander, weil die Möglichkeit einer anderen Aktivität aufgekommen war, die sich offenbar zeitlich mit der Demonstration überschnitt. Das Meiste von dem, was über längere Zeit an diesem Morgen diskutiert wurde, habe ich nicht mitbekommen. Von der Art wie sich der Tag entwickelte wurde klar, dass die Gruppe die Demonstration vorzog. Aber es schien mir ebenso deutlich zu werden, dass unsere Sicherheitsleute entschlossen waren, uns auf Abstand zur Nakba-Demonstration zu halten. Während wir demonstrierten waren wir in unserer Bewegungsfreiheit extrem eingeengt, d.h. regelrecht eingepfercht. Dies ging bis zu einem Punkt, der die Fortbewegung ziemlich unangenehm machte.

Oliva Oliva Oliva
Oliva

memorial flotilla



 Am Eingang zum Hafen wurde an einem Denkmal gearbeitet. Es ist ein  Denkmal, das an die neun im Jahr zuvor von der israelischen Marine auf der  Mavi Marmara getöteten Passagiere erinnern soll. Das Denkmal wurde am  31.5.11 eingeweiht.

fishermen's cooperative fishermen's cooperative

Die Demonstration fand auf einem Teilstück der Salah El Deen-Straße statt, auf dem der Gaza Freedom March ursprünglich vorgesehen war.

Erez

Die Hauptdemonstration begann offenbar gegen 11 Uhr und endete eine halbe Stunde später. Wir kamen um 11:50 Uhr an und marschierten das relativ kurze Stück zum Beit Hanoun-Kontrollpunkt. Die Hauptdemonstration verlief dagegen an diesem Kontrollpunkt vorbei bis in die Nähe des Erez-Übergangs, anscheinend das erste Mal an einem Nakba-Tag (wie mir gesagt wurde, galt dies nicht für andere Tage). Ein Teilnehmer erzählte, dass die Spitze der Demonstration sich dem Übergang bis auf etwa 100 m genähert hätte. Auf Videos, die im Internet zu sehen sind (v1, v2), scheinen es eher 300 m gewesen zu sein, d.h. die Teilnehmer befanden sich etwa an dem Punkt wo auf dem Satellitenbild das weiße Dach unter dem Buchstaben 'rk' in 'park' zu sehen ist. Diese Videos dokumentieren den Beschuss der Teilnehmer durch Scharfschützen und die durch die Schüsse Verletzten. Einer von ihnen wurde im Unterleib getroffen.

Bei unserer separaten Demonstration mussten wir Dreiergruppen bilden, wobei jeder Gruppe ein verantwortlicher Palästinenser zugeordnet wurde. Meine Dreiergruppe hatte einen Schutzengel. Er bzw. sie war sehr um mich besorgt, weil ich zu filmen versuchte und deswegen ständig außer Tritt mitmarschierte. Ich war ihr 'Baby', und die Beaufsichtigung dieses Babys muss für sie ziemlich anstrengend gewesen sein, denn am Ende war sie ziemlich erschöpft. Die Filmerei war schwierig, weil wir ganz am Ende marschierten und ein großes Banner und etliche Fahnen mir die Sicht nach vorne versperrten. Der Berichterstatter, der das Video v2 bei youtube eingestellt hat, war offensichtlich in einem unserer Busse mitgefahren, unterlag aber nicht den Einschränkungen, denen wir ausgesetzt waren. Von seinem Video her bekommt man einen Eindruck wie die Situation vor uns aussah.

Als wir losmarschierten hatten wir ziemlich viel Zuschauer: Die Teilnehmer der Hauptdemonstration auf dem Weg zurück. Später leerte sich die Straße und nur ein paar Autos versuchten durch unsere Demonstration hindurch zu kommen oder wir mussten schauen wie wir an geparkten Autos vorbeikamen. Es gab immer wieder Zwischenhalte und es dauerte etwa eine Stunde bis wir das kurze Stück bis zum Beit Hanoun-Kontrollpunkt zurückgelegt hatten. Die Sicherheitsleute willigten ein, eine kleine Anzahl von uns hinter dem Kontrollpunkt auf einen Hügel steigen zu lassen, von dem aus man wohl den Erez-Übergang sehen konnte. Ich weiß nicht, ob von unseren Videofilmern und Fotografen jemand dabei war. Der Rest von uns wartete und beobachtete und filmte die vorbeirasenden Krankenwagen. Später wurde mir von Dr. Alaa erzählt, dass in der Nähe von Erez zwei Demoteilnehmer erschossen wurden, ein 17-Jähriger und ein Journalist. Sechzig weitere Demonstranten erlitten Schusswunden. Zehn davon wurden schwer verletzt. All diese Demonstranten befanden sich auf der Straße nach Erez, auf Gaza-Territorium, mindestens 100 m entfernt von der Waffenstillstandslinie und waren möglicherweise mit einer palästinensischen Fahne bewaffnet.

demonstration demonstration demonstration demonstration demonstration demonstration demonstration demonstration demonstration

demonstration

Später wurden wir zu einem Zelt zurückgeführt, das Schatten spendete, wo wir dafür aber ziemlich heftig mit Musik traktiert wurden. Gegen 15 Uhr bestiegen wir wieder unsere Busse und fuhren zur 'Galerie' zurück. Edith Lutz und ich waren an diesem Abend bei Familie Schokry zu Abendessen eingeladen.

16. Mai 2011
Dieser Tag war vollgepackt mit Aktivitäten, und deshalb war es ein Tag, an dem unser üblicher verspäteter Start wirklich ärgerlich war, denn es waren im Laufe des Tages einige Termine einzuhalten, was bedeutete, dass an einigen Stellen wenig Zeit blieb.

Die Gruppe wurde an diesem Morgen aufgeteilt. Ich fuhr mit dem Bus, der zu einem Bauernhaus nahe dem Todesstreifen unweit des Ortes Khuzaa fuhr (siehe meinen Bericht vom letzten Jahr und Todeszone zum Thema Maschinengewehrtürme). Vittorio hatte der dort lebenden Familie oft geholfen und offensichtlich eine enge Freundschaft mit ihr entwickelt (Vik2Gaza Bericht und Video).

KhuzaaMap
OpenStreetMap

KhuzaaSat
Google, Juni 2007

Khuzaa Khuzaa
Zuschauer  das Bauernhaus



Nach dem kurzen Besuch wurden wir zum Bus zurückgedrängt. Ich hatte das Gefühl, dass einige Teilnehmer gar nicht mitbekamen wo genau die Todeszone war. Ich nahm schnell noch ein paar Bilder von dem in einiger Entfernung sichtbaren Waffenturm und vom Zaun auf. Der Turm sah anders aus als die Türme, die ich im letzten Jahr gesehen hatte. Ein Filmteam, das am längsten ausharrte, erzählte mir, sie hätten einen am Zaun entlang fahrenden Panzer gesehen ( Vik2Gaza-Video). Es wurde auch von einem symbolischen Grab geredet, das die Familie für Vittorio errichtet habe und an dem die Gruppe nicht vorbeigeführt wurde. Es dürfte mit einiger Wahrscheinlichkeit die Anordnung auf dem zweiten Foto unten sein.

Khuzaa Khuzaa
Waffenturm in etwa 1 km Entfernung      symbolisches Grab

Wir fuhren dann zum 'Village Improvement Center (Dorfverbesserungs-Zentrum)' in Khuzaa (Vik2Gaza Bericht, Video).
village improvement village improvement village improvement 

Weiter ging es zur Al Aqsa Universität bei Khan Younis. Sie befindet sich außerhalb der Stadt auf einem Gelände, das früher zu einer israelischen Siedlung gehörte. Es ist wohl das einzige Gebiet, in dem die Settler bei ihrem Rückzug nicht alles zerstörten.

Wir bekamen einen großen Empfang und eine kurze Führung durch den Campus.
Al Aqsa Al Aqsa Al Aqsa
Al Aqsa Al Aqsa

Die Gruppe traf sich am Nachmittag kurz, um sich erneut für verschiedene Aktivitäten aufzuteilen. Ich schloß mich den Leuten an, die die Stelle in Jabalia kennenlernen wollten, an der ein 'Vittorio-Brunnen' errichtet werden soll (siehe Satellitenkarte am 14.5.11). Zunächst gab es einen Empfang im Rathaus der Jabalia-Al Nazih Gemeinde und anschließend fuhren wir zu der Stelle des zukünftigen Brunnens (zum Wasserproblem in Gaza siehe z.B. 'Vorbereitung für den Gaza Freedom March (April 2009)' und Rebhy A. El Sheikh, 'Wassersituation in Gaza', Video und Text).

Jabalia KhuzaaJabalia

well well well
Al Fakoura Schule Vittorio-Brunnen
well

The Al Fakoura Schule (nicht weit vom Brunnen) war eine der Schulen, die während der Operation 'Gegossenes Blei' bombardiert wurden.

Zurück zur 'Galerie' wo am Abend eine Abschiedsfeier stattfand. Sie bestand im wesentlichen aus einem Konzert mit verschiedenen Musikgruppen. Vor der Bühne gab es ziemlich viel Begeisterung und Zwischenrufe, weiter hinten wurde unter einem Zeltdach getanzt, und nach einem längeren Anlauf gab es ein aufwendiges Abendessen.

smokers
Zwei örtliche Pfeifenraucher und ein zugereister

dancing dancing
Edith Lutz schwang das Tanzbein

Abendkonzert



17. Mai 2011
Es war Zeit, an einem etwas trüben, bedeckten Tag Abschied zu nehmen. Ich warf einen letzten Blick aus dem Fenster unserer Wohnung auf das Hafengelände.
view of harbor
joggers
zwei Rekrutengruppen rannten vorbei

Die Abreise war erst für den frühen Nachmittag vorgesehen, aber es war trotzdem für Dr. Schokry ziemlich schwierig, mich bei den Sicherheitsleuten noch für einen Vormittagsbesuch an der Islamischen Universität loszueisen. Sie gestatteten uns 45 Minuten.

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Die Professoren Dr. Afifi, Dr. Jendia, Dr. Schokry und Ingenieurstudentinnen
Die Professoren Dr. Schokry und Dr. Afifi
Ingenieurstudentinnen stellten ihre Abschlußarbeiten vor

Kurz nach 12 Uhr mittags bestiegen wir die Busse. Der Schutzengel winkte zum Abschied und wir fuhren entlang der mir so vertrauten Küstenstraße los. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf das 'Erholungszentrum'. Die Bauarbeiten sind offensichtlich weitergegangen. Ein Ziegeldach wurde durch ein gläsernes Runddach ersetzt.
bye clinic

Im Pendelbus fuhren wir hinüber zur ägyptischen Grenzstation. Ich war ziemlich überrascht als mich einer der ägyptischen Grenzbeamten begrüßte. Offenbar war mein Grenzabenteuer des letzten Jehres auch für die Ägypter etwas ungewöhnlich. Es gab noch jemand, der mich erkannte: Der Junge, der mein Fahrrad getragen hatte.
Wir stiegen in wartende ägyptische Reisebusse. Diesmal saß ich vorne im ersten Bus und bemerkte, dass wir für die nächsten 6 Stunden bis zum Suezkanal von einem Kleinlaster begleitet wurden, in dem fünf mit Kalaschnikovs bewaffnete Polizisten saßen. Einer von ihnen hatte nichts dagegen fotografiert zu werden.

policemen policeman

Wir erreichten unser Kairoer Hotel um 1 Uhr nachts. Die Gruppe versammelte sich in dem rund um die Uhr geöffneten Restaurant, u.a. um Foto- und Videodateien auszutauschen. Am Morgen mußten wir alle für unsere Heimflüge ziemlich früh aufstehen. Die älteren Teilnehmer verabschiedeten sich und versuchten noch etwas zu schlafen. Die Jüngeren machten die Nacht durch, und vom Geräuschpegel her zu schließen, muß es ziemlich angeregt zugegangen sein.

at airport
Am Flughafen noch eine letzte Gelegenheit, sich zu verabschieden.