Nach
den erwähnten Berichten – ich nehme an Sie haben einige davon gelesen –
gibt es ein Problem mit der Wasserqualität und der Menge. Ich muß
zuerst über die Gründe reden. Wir haben in Gaza eine Wasserresource, die Teil des sogenannten 'Küstenaquifers' ist. Wie Sie wissen, Gaza ist ein kleines geographisches Gebiet und es liegt stromabwärts im Untergrundfluß dieses Aquifers. Die zur Verfügung stehenden Ergiebigkeitsmengen für diesen Teil des Aquifers unter Gaza sind auf 50 Millionen Kubikmeter im Jahr begrenzt. Wenn wir die Verluste aus den Netzen, das einsickernde Wasser aus der Landwirtschaft, aus dem Regenwasser und das einfließende Grundwasser dazu rechnen, kommen wir auf eine Summe von maximal 90 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Vergleichen wir diese Zahl mit der Gesamtentnahme aus diesem Aquifer, dem Teil des Aquifers unter Gaza, die 170 Millionen Kubikmeter beträgt, so ergibt sich ein Defizit von rund 80 Millionen Kubikmetern pro Jahr. Dieses Defizit akkumuliert sich von Jahr zu Jahr und wird größer. Vor fünf Jahren haben wir von einem Defizit von 65 oder 70 Millionen Kubikmetern geredet. Liegt das an der zunehmenden Bevölkerung? Es gibt natürlich viele Gründe. Die Bevölkerung wächst und der Bedarf wächst. Obwohl wir seit zwei Jahren die Abriegelung haben, nimmt auch der Lebensstandard zu, der Anspruch steigt. Dieses Ungleichgewicht hat zwei Folgen: Erstens, durch die Absenkung des Grundwasserspiegels, weil mehr entnommen wird als nachfließt, wird bewirkt, dass Seewasser eindringt, und dies erhöht natürlich ständig den Salzgehalt. Und um die Verbrauchernachfrage zu decken, entnehmen die Netzbetreiber, die Gemeinden mehr Wasser aus den Brunnen, mehr Wasser als die Brunnen liefern können, und das führt zu einem Phänomen, das 'upcalling(?)' genannt wird und als Folge des Überpumpens wird das Salzwasser von unten an die Oberfläche gedrückt. Dies ist der Grund für den Salzgehalt, das Eindringen von Meerwasser und das salzige Wasser von unten aufgrund zu starker Entnahme. Auf der anderen Seite gibt es viele Gebiete in Gaza, die unter mangelhafter Abwasserentsorgung leiden, besonders was das Einsammeln des Abwassers in vielen Gegenden angeht, im Mittelbereich von Gaza, in der Khan Yunis-Gegend und in Rafah und zu einem gewissen Grad auch im Norden von Gaza. Das führt dazu, dass das unbehandelte Abwasser der Orte in den Aquifer einsinkt. Das Ergebnis dieses Zuflusses ist eine Erhöhung des Nitratgehaltes in diesem Wasser. Der Nitratgehalt steigt weiterhin an, hervorgerufen durch den unkontrollierten Gebrauch von Pestiziden und Düngemitteln in der Landwirtschaft. Durch diesen Anstieg des Salzgehaltes und des Nitratgehaltes kann zusammenfassend gesagt werden, dass mehr als 95% des Wassers in diesem Teil des Aquifers unter Gaza unter einem hohen Gehalt an chloriertem Wasser leiden, der 1000 Teile pro Million (ppm, parts per million) übersteigt, im Vergleich zum Literaturrichtwert von 250 ppm, und in einigen Fällen können es auch 5000 oder mehr sein. Und der Nitratgehalt kann 350 ppm erreichen, verglichen mit dem Literaturwert von 50 IBM. Natürlich leiden einige Gegenden nur unter hohen Nitratgehalt und andere unter hohem Salzgehalt. In Kombination beeinträchtigen beide die öffentliche Gesundheit, denn 95% dieses Wassers sind weit weg vom internationalen Standard. Das bedeutet nicht, dass die restlichen 5% für den Kunden genießbar sind, denn sie werden in den Verteilernetzen einfach untergemischt und es hat niemand etwas davon, wenn 5% sauberes Wasser unter 95% unsauberes Wasser gemischt wird. Dies ist der Hintergrund der Wasserversorgung in Gaza Nun, um dieses Problem zu überwinden, haben wir die Tür für den privaten Sektor geöffnet, damit dieser Entsalzungen durchführen kann, in kleinen Projekten. Und er verteilt das Wasser in Tankfahrzeugen. Unglücklicherweise läuft dieses Geschäft jetzt unkontrolliert, in erster Linie wegen des internen politischen Konflikts und wegen der Art wie das Wasser verteilt wird. Das Tankfahrzeug entnimmt das Wasser an der Entsalzungsanlage und verteilt es in die kleinen Tanks in den Supermärkten oder in den Geschäften oder in die kleinen Tanks innerhalb der Häuser. Wir reden in diesem Fall über hunderttausende von Tanks, die nie kontrolliert werden können. Aber wenn wir Proben entnehmen, dann gibt es Hinweise, dass wir ein richtiges Problem haben. Was den Salzgehalt angeht, ja, der Salzgehalt ist sehr niedrig. Aber das ist nicht das, was wir wirklich brauchen. Denn eine völlige Entsalzung ist nicht gesund und es fördert die mikrobiologische Verunreinigung. Und wenn wir Proben aus den kleinen Tanks innerhalb der Häuser oder der Wasserläden oder der Supermärkte entnehmen, dann gibt es Hinweise auf biologische Verunreinigung. Es hat sich innerhalb der palästinensischen Bevölkerung in Gaza leider eine Kultur entwickelt, die davon ausgeht, dass das Wasser umso besser ist, je niedriger der Salzgehalt ist, und wir versuchen diese Kultur zu ändern. Die Leute verstehen es nicht, dass eine Lagerung des entsalzten Wassers über längere Zeiträume, zwei Wochen oder länger, zu Verunreinigungen führt und ihre Gesundheit gefährdet. Wenn sie ins Krankenhaus gehen, dann kennen sie nicht die Ursachen für ihre Magenprobleme. Der Preis für dieses Wasser ist für die Abnehmer erschwinglich, weil sie es nur als Trinkwasser verwenden. Sie verbrauchen nur begrenzte Mengen zum Trinken zum Kochen, ungefähr zwei bis 3 l pro Tag. Vergleicht man diese Kosten mit der normalen Wasserrechnung der Gemeinde, dann wird es sehr teuer, obwohl es wenig Geld ist, denn wir reden über eine geringe Wassermenge. Aber wenn eine Familie 50 israelische Schekel im Monat zahlt, was ungefähr das Minimum für dieses ungesunde Wasser darstellt, und ungefähr das gleiche ist, was sie für das von der Gemeinde bereitgestellte (Leitungs-)Wasser zahlen sollte, dann glaubt sie, dass sie das Geld auf die richtige Art und Weise ausgibt. Aber das ist nicht der Fall. Nun, eines der Probleme für die Betreiber in Gaza ist die geringe Erfolgsrate beim Einsammeln des Geldes. Wenn die Kunden ihre Wasserrechnungen regelmäßig bezahlen würden, dann wären die Betreiber besser in der Lage, mehr für Wartung und Betrieb zu tun. Sie könnten vielleicht sogar neue Projekte entwickeln und die Wasserqualität verbessern. Dies sind die internen Probleme. Natürlich wirken sich die Einschließung und die Belagerung von Gaza auf die Möglichkeiten aus, was die Verfügbarkeit von Materialien für die Reparatur der Wasserwerke und der Wasserpumpen angeht und auch die Gerätschaften für neue Projekte, um zusätzliche lokale Ressourcen zu erschließen, stehen wegen der Belagerung nicht zur Verfügung. Es gibt Schwierigkeiten, das Material zu bekommen, und es gibt eine Zurückhaltung unter den Spendern, das Geld für neue Wasserprojekte bereitzustellen, zum Beispiel für Entsalzungsanlagen. Wir reden die ganze Zeit über Salz bei dem Gaza-Problem, über den Bau einer zentralen Meerwasserentsalzungsanlage. Wir müssen die Entnahme aus dem Aquifer beenden, denn damit dieser an sich erholt, wird es Jahre brauchen, 30 bis 50 Jahre, um die Wasserqualität wieder herzustellen. Es braucht zusätzliche oder alternative Wasserquellen. Im Fall von Gaza wird als ein Weg eine zusätzliche Quelle die Entsalzung sein, und wir haben schon seit langer Zeit Ausschau gehalten nach der Finanzierung für dieses Projekt. Das Projekt beinhaltet auch was wir das "Nationale Wassernetz" nennen. Selbst wenn das zusätzliche Wasser zur Verfügung steht, brauchen wir die entsprechenden Mittel, um dieses Wasser in die verschiedenen Gebiete zu leiten. Wir müssen das Verteilungssystem modernisieren und dafür benötigen wir das sogenannte "Nationale Wassernetz". Die Gesamtkosten für diese beiden Projekte betragen ungefähr 400 Millionen Dollar. Wenn man sieht wieviel Geld vor einem Jahr für Gaza versprochen wurde, Milliarden und Abermilliarden, von denen so viel ich weiß nichts angekommen ist. Das stimmt. Nichts ist angekommen mit Ausnahme von Geldern für ein sehr kleines Projekt, bei dem es sich um dringend notwendige Reparaturen an dieser Brunnenpumpe oder an jenem kurzen Leitungsstück handelte. Wenn es um ein richtiges Investitionsprogramm geht, das wirklich eine Änderung in der Wassersituation bewirkt, geschieht überhaupt nichts. Und grundsätzlich, ja, die Bereitschaft der Spender ist da, aber die israelische Einschließung - wenn Gaza nicht unter dieser harten Belagerung wäre, glaube ich, wären die Spender eher bereit sich zu verpflichten. Soviel ich weiß, muß alles über Ramallah laufen, denn dort wird das Geld eingesammelt. Ja, das ist richtig. Wir haben kein Problem mit Ramallah auf dem Wassersektor, weil mein Management in Ramallah sitzt, und sie versuchen von dort aus das Geschäft in Gaza zu handhaben. Ramallah wartet genau wie wir in Gaza auf die Gelder der Spender. Wenn es Vereinbarungen gibt, schicken sie die Vereinbarung und wir führen dann anschließend all die Einzelheiten aus. Sie sprachen von einen Bedarf an zusätzlichem Wasser von 80 Millionen Kubikmetern, wenn Sie den Aquifer nicht überpumpen wollen. Wenn sie diesen Bedarf durch Entsalzung decken wollen, ist das ein riesiges Projekt, nicht wahr? Es ist ein riesiges Projekt. Dieses Defizit von 80 Millionen bezieht sich sowohl auf den Haushalts- als auch auf den Landwirtschaftsbedarf. Der Gesamtbedarf beträgt 170 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Dieser ist zu 50 und 50% aufgeteilt zwischen dem Landwirtschaftssektor und dem Haushaltesektor. Aber Priorität hat für uns die Lösung des Problems für die Haushalte. Die Leute zahlen sehr viel Geld für entsalztes Wasser von schlechter Qualität aus dem Privatsektor; sie haben keinen Vorteil davon und es beeinträchtigt die öffentliche Gesundheit. Das sind ungefähr 85 Millionen – in diesem Jahr. Es wird ständig immer mehr durch die wachsende Bevölkerung und den steigenden Bedarf. Im Landwirtschaftsbereich planen wir dieses Problem auf andere Weise zu lösen, weil es für viele der Landwirtschaftsaktivitäten die Aussicht gibt, aufbereitetes Abwasser verwenden zu können. Und wir arbeiten in eine andere Richtung, um die Abwasseraufbereitungsanlagen in den Stand zu versetzen, Wasser mit für die Landwirtschaft geeigneten Eigenschaften abzugeben. Und wir hoffen, dass wir innerhalb der nächsten Wochen den ersten Vertrag für die Kläranlage in Nordgaza unterschreiben können, deren geklärtes Abwasser für die Landwirtschaft geeignet sein wird. Nun, der Verbrauch der Landwirtschaft liegt bei 85 Millionen und es sollte umgehend mehr werden, denn normalerweise sollte das Verhältnis von Landwirtschaftverbrauch zum Verbrauch der Haushalte bei 70% gegenüber 30% liegen. Heute liegen wir bei 50 zu 50% Landwirtschaft gegenüber Haushalten, weil die landwirtschaftlichen Aktivitäten nicht so sind wie früher. Ein großer Teil der Landwirtschaftsgebiete wurde durch israelische Invasionen zerstört und die meisten der Landwirtschaftsgebiete liegen nahe der Grünen Linie, was für die Menschen bedrohlich ist, wenn sie dort die Arbeit wieder aufnehmen wollen. Aber im ungünstigsten Fall benötigen wir 85 Millionen für die Landwirtschaft. Sollten wir die Kläranlagen in Gaza, in Gaza Stadt und in der Khan Yunis-Gegend bekommen, ich glaube, den größten Teil dieses Wassers könnten wir mit geklärtem Abwasser sicherstellen. Wenn sie die Entsalzung selbst durchführen können, werden sie das Wasser richtig einstellen, indem sie die Mineralien zusetzen? Natürlich. Das ist kein grundlegendes Problem? Das ist natürlich kein grundlegendes Problem. Wir möchten eine Wasserqualität, die die öffentliche Gesundheit und das Leben der Menschen schützt. Sie können aber den privaten Sektor nicht dazu zwingen? Wir können den Privatsektor nicht zwingen, dieses gewichtige Geschäft zu betreiben, und schon gar nicht unter dieser sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation. Aber, wie ich schon sagte, wir öffnen uns für den Privatsektor, um die dringendsten Probleme abzudecken. Es besteht aber der Bedarf, den Privatsektor zu überwachen, und der wesentliche Punkt für uns ist, dass der Privatsektor das Brackwasser entsalzt, was für uns eine vorübergehende Maßnahme ist. Das ist nicht die Option für die Zukunft angesichts des augenblicklichen Zustands des Küstenaquifers. Mit Brackwasser meinen Sie ..., ich dachte es wird Meerwasser verwendet. Nein, nein, der Privatsektor verwendet kein Meerwasser. Sie verwenden das gleiche Wasser aus dem Aquifer. Und das können wir nicht im großen Maßstab machen, denn das würde bedeuten, dass wir mehr Wasser aus dem Aquifer entnehmen, was zu einer immer stärkeren Verschlechterung der Wasserqualität führen würde. Die Option für uns ist die Meerwasserentsalzung. Ich dachte – so wie ich es gelesen hatte – weil es um Entsalzung geht, wird sowieso Meerwasser verwendet. Diesen Punkt haben Sie also noch nicht erreicht? Das haben wir noch nicht erreicht, ausgenommen ein Pilotprojekt in einem sehr begrenzten Bereich – es ist eine Entsalzungsanlage der Regierung, nicht des Privatsektors, und sie wird von der Gemeinde vor Ort betrieben. So, ich glaube, das ist es wohl, was die Situation grundsätzlich beschreibt? Ich hoffe. |