Freedom Waves to Gaza
Interview
bei Democracy Now! mit der Journalistin Jihan Hafiz, die auf dem
kanadischen Boot 'Tahrir' mitfuhr.
Democracy
Now!-Video bei Youtube:
http://www.youtube.com/watch?v=We1sq_ee0w0
und zusammen
mit der Transkription und .mp3-Datei unter
http://www.democracynow.org/2011/11/8/israel_deports_democracy_now_correspondent_jihan
Video mit deutschen Untertiteln: http://www.youtube.com/watch?v=9X1QxqTAa-I, Text
als pdf
Amy Goodman
Die israelische Regierung hält weiterhin die meisten der am
Freitag in internationalen Gewässern festgenommenen Passagiere
fest, die versuchten, die israelische Blockade von Gaza zu
überwinden. Die Passagiere befanden sich auf zwei Booten,
eines
aus Kanada und das andere aus Irland, als Teil der
"Freiheitswellen"-Flottille nach Gaza. Ungefähr 20 Passagiere
sollen sich noch in Gewahrsam befinden, nachdem sie sich geweigert
haben, eine Erklärung zu unterschreiben, dass sie in Israel
illegal eingereist sind. Die Organisatoren der Flottille haben das
israelische Militär beschuldigt, die Aktivisten
mißhandelt
zu haben, mit physischer Gewalt und der Verwendung von Tasern.
Die Democracy Now-Korrespondentin Jihan Hafiz war unter denen, die bei
dem israelischen Angriff festgesetzt wurden. Sie hat täglich
für Democracy Now von dem kanadischen Schiff Tahrir berichtet.
Sie
verbrachte drei Tage hinter Gittern. Sie wurde schließlich
Montag
Nacht deportiert und ist erst vor einigen Stunden in New York gelandet.
Und in diesem Democracy Now-Exklusivinterview gesellt sich Jihan zu mir
in unserem New Yorker Studio. Willkommen bei Democracy Now. Wir freuen
uns, dich zurück zu haben. Es war ein Kampf, dich an diesem
Wochenende aus der israelischen Gefangenschaft frei zu kriegen. Kannst
du zuerst beschreiben was Freitag passierte. Gestern interviewten wir
die ägyptische Reporterin über das, was sie sah. Sie
war
ebenfalls auf dem Boot. Aber heute, Jihan, erzähl uns, was
passiert ist.
Jihan Hafiz
Sie nahmen gegen 13:30 Uhr mit uns Kontakt auf, Entschuldigung, 12:30
Uhr, 13:00 Uhr, und wir wussten, dass sie angekommen waren, weil die
ganze Kommunikation zusammengebrochen war auf unserem Boot. Die
Satellitentelefone funktionierten auch nicht mehr. Es gab kein
Internet. Das BGAN, das Satelliten-BGAN, das ich hatte, um mit euch zu
kommunizieren, um die Emails abzurufen oder irgendeine Art von
Aktualisierung durchzuführen, funktionierte auch nicht mehr.
Und
es war von daher klar, dass sie in der Nähe waren. Und
natürlich haben Sie mit uns Kontakt aufgenommen. Die
israelische
Marine fragten uns ab was unser Ziel sei und David Heap, das Mitglied
des Steuerungskomitees –
AG: Er ist einer der Kanadier.
JH: Genau. Er ist einer der kanadischen Aktivisten, der immer noch in
Israel in Gewahrsam ist und darauf wartet deportiert zu werden. Sie
haben bisher nichts erwähnt über seinen Fall. Aber er
zusammen mit Ehad, der auch ein Mitglied des Steuerungskomitees auf dem
kanadischen Boot war, sagte: Wir fahren zur 'Gutherzigkeit der
Menschheit'. Und es schien, dass dies sie mehrfach irritiert hat, denn
sie wollten eine Ortsangabe zu unserem Ziel, aber sie haben weiter
gesagt: Wir fahren zum Ende der Besatzung, wir fahren zu einer besseren
Zukunft. Und von da ab versuchten sie irgendeine Art von Verhandlung zu
diskutieren, wo israelische Kommandos an Bord kommen würden,
um
das Boot nach Waffen zu durchsuchen und uns dann die Weiterfahrt nach
Gaza erlauben würden,
wobei jeder an Bord, einschließlich der Journalisten, wusste,
dass das nicht passieren würde. Wir sahen das als ein Vorwand
von
ihnen, an Bord zu kommen, um alle festzunehmen und uns zwangsweise nach
Ashdod, den israelischen Hafen bei Gaza, zu verbringen.
Und natürlich ist das auch etwas: Die irische Delegationen,
nur 15
Leute, übrigens alle irisch, auf der Saoirse –
AG: Mit einigen Parlamentariern.
JH: Mit einigen Parlamentariern, ja, darunter ein europäischer
Abgeordneter. Der war auf dem Boot –
AG: Ein Abgeordneter des Europäischen Parlaments
JH: Genau. Und ein ehemaliges Mitglied der irischen Rugbyteams, eines
Nationalteams. Sie haben es ebenfalls abgelehnt, die israelische Marine
an Bord zu lassen, um das Boot nach Ashdod zu
überführen.
Alle waren sich einig, dass es passiven Widerstand geben
würde. Dass, wenn sie an Bord kommen würden, wir
ihnen
gegenüber keiner Weise Widerstand leisten würden. Wir
würden annehmen, was sie sagten, wenn sie uns gefangen nehmen
würden, was sie taten. Und als das passierte, brauchten sie
ungefähr eine Stunde, um zu irgendeiner Art von Vereinbarung
zu
kommen.
Es kam zu keiner Übereinkunft. Es kam zu keiner Vereinbarung.
Und
sie waren an diesem Punkt äußerst irritiert. Sie
umkreisten
die Boote mehrfach.
AG: Wieviele Schiffe waren dort?
JH: Es waren drei Kriegsschiffe und ungefähr 20 kleinere
Kanonenboote, darunter vier Zodiac-Boote, und dies sind Boote, die sehr
schnell manövrieren können, und können
unterbrechen
– unsere Boote war nicht so groß wie ein
Kriegsschiff
– sie konnten uns im Wasser stören und sie
drückten uns
mit Gewalt Seite an Seite. Die See war an diesem Tag sehr unruhig, weil
ein Sturm aufzog. Und so haben sie beide Boote
eingeschüchtert,
indem sie hin und her fuhren, sie umkreisten, vier Zodiacs, vier Boote
mit Wasserwerfern sowie vier normale Kanonenboote. Alle Kommandos und
alle Boote waren schwer bewaffnet. Ganz offensichtlich sahen sie nicht
so aus, als würden sie zwei viel kleinere mit unbewaffneten
Leuten, mit Aktivisten besetzte Boote einnehmen wollen. Das sah aus als
würden sie die Armee eines fremden Landes angreifen wollen.
Wie
dem auch sei, verfolgten das irische Boot, das entschied, Gas zu geben.
Sie fuhren einfach los und versuchten, von den israelischen Kommandos
wegzukommen. Von diesem Moment an begannen zwei mit Wasserwerfern
bestückte Boote jede Menge Wasser in das irische Boot zu
pumpen.
Es wurde geflutet und die Sicherungen sprangen heraus und der gesamte
Strom fiel aus. Und an diesem Punkt sagten die irischen
Delegationsmitglieder, mit denen ich gesprochen habe, sie
hätten
der israelischen Armee gesagt: "Wir ziehen Wasser, wir gehen unter,
wenn ihr mit dem Wasser weiter macht". Unser Boot, auf der anderen
Seite. - Sie begannen an Bord zu kommen, sobald das irische Boot zum
Halten kam und sie dieses Boot enterten.
Als sie an Bord kamen, waren sie extrem feindselig. Sie
näherten
sich uns als wären wir bewaffnet. Sie hielten jedem eine
Schusswaffe ins Gesicht und zielten jedem auf den Kopf. Und ich fand
das interessant und ziemlich schizophren, was sie dabei sagten,
während sie mit ihren Waffen auf unser Gesicht zielten: "Keine
Angst, keine Angst, setzt euch hin, setzt euch hin, steht auf, keine
Angst, geht zur Seite, keine Angst, alles in Ordnung. Und das ist
schwierig, einem Soldaten zu glauben, der kein Gesicht hat, denn an
ihre Gesichter waren maskiert, mit schwarzen Masken. Es schwierig
jemandem, der einem sein Gewehr ins Gesicht hält, zu glauben,
dass
man keine Angst haben soll, alles sei in Ordnung.
Sie versuchten dann, uns zu trennen. Sie setzten die Männer
auf
die eine Seite und die Frauen auf die andere. Als sie an Bord kamen,
haben sie David Heap getasert, der in der
Kapitänskajüte war,
und versuchten, ihn nach hinten im Boot zu bringen –
AG: Er war einer der kanadischen Aktivisten.
JH: Er war einer der kanadischen Aktivisten, und er wurde am Arm
getasert.
AG: Du hast das gesehen?
JH: Das habe ich, ja, im Kapitänsquartier. Er war dort mit
George,
er war unser Kapitän. Er ist ein griechischer Aktivist. Sie
versuchten, sie hinaus zu befördern, zur Seite, zum hinteren
Teil
des Bootes, wo wir waren. Sie haben keinen Widerstand geleistet. Sie
bewegten sich langsam, aber ohne Widerstand. Und ich vermute, es war
ihnen nicht schnell genug.
AG: Hast du irgendwas davon gefilmt?
JH: Leider habe ich in dieser Situation aufgehört zu filmen
und
versuchte meine Chips zu verstecken. Ich wusste, wenn ich irgendeine
Aussicht hatte, irgendein Video rauszubringen, mußte ich die
Videos verstecken. Ich mußte die Chips verstecken, die ich
hatte.
Das war die Erfahrung von der Mavi Marmara. Casey Kauffman
von Al
Jazeera hat gefilmt bis zu dem Zeitpunkt, wo das Kommando das Boot
enterte. Und sobald sie an Bord waren, haben sie seine Kamera gegriffen
und alle anderen Kameras an Bord und legten sie zur Seite. Von daher
hörte das meiste Filmen auf in dem Moment als sie an Bord
kamen.
JH: Und sie waren sehr gewalttätig mit Michael Colman, dem
einzigen australischen Delegierten. Er hat Widerstand geleistet. Er hat
nicht kooperiert mit irgendeiner ihrer Aufforderungen. Sie zerrten ihn
auf die andere Seite des Bootes. Sie hielten Gewehre in seinem
Rücken und an seinem Kopf als sie ihn durchsuchten und sie
richteten sogar (Ziel-)Laser auf seine Brust. Und das hat viele der
Leute an Bord irritiert, einschließlich der Journalisten,
denn es
sah so aus, als versuchten sie ihn zu erschießen. Und wir
waren
beunruhigt über auf Leute gerichtete Laser. Aber sie haben sie
dann abgesenkt. Aber Sie haben uns gefangen genommen und schafften uns
auf den oberen Teil des Bootes, bis die Bitte ausgesprochen wurde, nach
unten kommen zu dürfen, denn es war auf dem Wege nach Ashdod
sehr
kalt.
AG: So, ihr wurdet nach Ashdod gebracht. Was hast du sonst gesehen? Was
passierte mit den Aktivisten dort?
JH: Nun, wir wussten, beim Ankommen, denn als sie an Bord unseres
Bootes kamen, Ich wußte, dass das erste Video, das ich sehen
würde über das, was passiert ist, natürlich
ein
israelisches Video sein würde, denn wir hatten keines von
unseren
Bildern. So, wir bekamen -
AG: Ihr hattet keine, weil ...?
JH: Weil sie sie uns weggenommen haben. Und ich durfte sie nicht mit
zurück in die USA nehmen. Und ich fand es interessant: Als sie
an
Bord kamen, sie hatten einige der israelischen Kommandos mit Kameras an
ihren Helmen. Sie bewegten sich herum und filmten uns. Wir baten sie um
Wasser, weil einige Leute dehydriert waren und dringend Wasser
brauchten bevor wir im Hafen ankamen. Und an diesem Punkt wussten wir
nicht, ob wir im Hafen Wasser bekommen würden. Sie haben uns
Wasser gegeben. Wann immer jemand zu trinken versuchte, hatten sie die
Kamera im Gesicht der Leute, und die Aktivisten sagten, dass wir einen
Teil ihrer Propagandamaschine, zu zeigen, dass sie sehr
höflich
umgingen mit den gefangengehaltenen Aktivisten und Reportern.
Und als wir zum Hafen von Ashdod kamen, hatten sie dort schon
eine Armee von Leuten zu stehen, um uns zu begrüßen.
Eine
ganze Reihe von Soldaten mit Fernsehkameras. Es sah so aus als
hätten sie eine medizinische Einrichtung dort. Sie hatten drei
riesige LKWs – es sah aus wie Überwachung,
Überwachungsmaschinen, durch die sie unsere Sachen
durchgeschleust
haben. Wir wurden vom Boot eskortiert. Und natürlich, bevor
für das Boot verließen, warnten wir uns gegenseitig,
wenn
sie zu helfen versuchen, trage deine Sachen selber raus, schau wie du
vom Boot runterkommst, denn sie haben Kameras auf uns gerichtet, und es
wurde vermutet, dass sie diese Videos als Propagandamaterial verwenden
würden. So, natürlich, als alle das Boot
verließen,
hatten sie Kameras in jedermanns Gesicht. Sie haben sogar unsere
Pässe aufgenommen. Ich fand das schockierend. Das sind
Reisedokumente. Und sie brachten uns zu diesem Lagergebäude.
AG: Haben sie Aktivisten verletzt als sie in den Bus gebracht wurden?
JH: Ja, das haben sie. Nachdem sie uns einer Leibesvisitation
unterzogen haben, ich und einige der weiblichen Aktivisten.
AG: Du wurdest leibesvisitiert?
JH: Ja, ich wurde leibesvisitiert. Ich versuchte diese Chips zu
verstecken, die ich erwähnt hatte. Ich hatte sie in meiner
Unterwäsche. Ich wusste sie würden sie finden. Aber
ich
wollte herausfinden, ob es funktionieren würde. Sie fingen mit
einer vollständigen Untersuchung an während ich keine
Kleidung anhatte. Dann verwendeten sie einen Metalldetektor. Sie fanden
das Metall in den Chips. Und an diesem Punkt forderten sie mich auf,
alle meine Kleidung abzulegen. Und sie haben eine umfassende
Leibesvisitation durchgeführt. Mein Körper, um zu
sehen, ob
sich auf ihm irgendwas befand. Das geschah auch mit zwei der irischen
Frauen, die auch auf dem Boot waren. Sie fanden die Chips in
deren BHs. Wann immer sie was fanden, was ihnen komisch vorkam - ich
weiß nicht was es war - sie würden sofort eine
Leibesvisitation durchführen und dich in den Bus bringen. Als
mich
in den Bus brachten, habe ich extreme Gewalttätigkeit
gegenüber Michael Coleman gesehen, der, das muss ich sagen,
war
der Aufsässigste an diesem Tag.
AG: Er war der australische Aktivist.
JH: Ja, er war der australische Aktivist. Als ich mich hinsetzte,
konnte ich ihn hören wie er mit ihnen argumentierte: Ihr habt
uns
entführt, ihr seid Piraten, Ihr habt internationales Recht
verletzt, ihr seid rechtlos. Und ich glaube, je mehr er diese Sachen
sagte, die sie irritierten, umso gewalttätiger wurden sie.
AG: Was passierte mit den Fahnen auf den Booten?
JH: Das mit den Fahnen war interessant. Die Aktivisten haben die
palästinensische Fahne erst am Freitag gehisst, als wir
annehmen
konnten, dass wir von den Israelis gekapert würden.
AG: Davor waren es kanadische Fahne und irische Fahne.
JH: Kanadische und irische Fahnen auf beiden Booten. Und dann haben wir
natürlich die palästinensischen Fahnen gehisst, denn
wir
wollten ja nach Gaza.
AG: Die Aktivisten haben die Fahnen aufgezogen?
JH: Auf dem kanadischen Boot und auf der Saoirse. Wir haben das
gefeiert, denn wir waren nur 45 nautische Meilen entfernt von Gaza. Es
war fast ein Jubel in der Hoffnung, dass wir vielleicht durchkommen
würden. Und natürlich, als die Israelis das Boot
stürmten, sobald sie uns in die Ecke gesetzt und untersucht
hatten, haben sie die palästinensischen Fahnen runtergerissen
und
die israelischen Fahnen gesetzt. Es schien mir wie eine Art Eroberung
zu sein. Eroberung und Verbringen in ihren Hafen. Als sie das jedoch
mit dem irischen Boot versucht haben, weigerten sich die Iren jedoch
das zuzulassen. Sie haben die Masten abgeschirmt, und sagten ihnen: Ihr
nehmt hier keine Fahnen runter von unserem Schiff. Ihr nehmt es in den
Hafen mit den Fahnen darauf. Was immer der Grund war, die israelischen
Soldaten auf dem Boot gingen darauf ein, und sie liefen in Ashdod ein
mit der palästinensischen und der irischen Fahne auf ihrem
Boot.
AG: D.h., ein Boot kam in Ashdod mit den israelischen Fahnen an und das
irische mit den palästinensischen Fahnen. Als du eingesperrt
wurdest, haben wir für dich als akkreditierten Journalisten
pausenlos angerufen. Du hast zwei Presseausweise.
JH: Ja, das stimmt. Einen von Democracy Now und einen von der US
TV-Radio-Galerie. Das ist ein von der US-Regierung herausgegebener
Ausweis. Wenn ich in Washington arbeite, das ist der Ausweis
für
das Außenministerium, für das Weiße Haus,
das
Pentagon. Das ist ein authentischer von der
US-Regierung herausgegebener Ausweis.
AG: Und du bist eine US-Staatsangehörige.
JH: Und ich bin eine US Staatsbürgerin. Sie haben uns in
diesen
Bereich geführt, um unsere Daten aufzunehmen. Wir haben
später herausgefunden, es war ein Gericht. Es war kein
Gericht. Es
war jemand, der gegenüber an einem Schreibtisch saß,
und uns
erzählte: "Sie müssen ein Dokument unterschreiben,
dass Sie
sind illegal nach Ashdod hineingekommen sind. Sie haben eine
internationale Belagerung von Gaza verletzt." Und alle haben das
abgelehnt, denn wir wurden in internationalen Gewässern
entführt und mit Gewalt nach Ashdod gebracht. Es war zu keinem
Zeitpunkt unser Ziel. Ich erzählte ihm ich sei keine
Aktivistin,
ich sei hier als eine Journalistin, die für Democracy Now
berichtet und erwähnte meine beiden Nachweise. Und er sagte zu
mir, israelische Regierung sieht mich nicht, meine Berichterstattung
oder Democracy Now als journalistische Berichterstattung. Für
sie
wäre alles Aktivismus.
Sie sagten, diese Form von Journalismus sei in Wirklichkeit Aktivismus.
Und deshalb bezeichneten sie mich von da ab als eine Aktivistin und
nicht als eine Journalistin. Und selbst als ich mehrfach sagte: "Lasst
mich zu meinen Sachen rübergehen, lasst mich meine
Presseausweise
zeigen, lasst mich meinen Ausweis von der US-Regierung holen. Ich zeige
Ihnen, dass sich im Auftrag hier bin und nicht als Mitglied der
Delegation," haben sie das abgelehnt. Und es schien fast so als
hätten sie das in Ihr System eingespeist, dass sie mich
weiterhin
als Aktivistin behandeln würden. Denn alle mit denen ich
sprach,
sagten: "Warum bist du Teil der amerikanischen Delegation?" Ich sagte:
"Nein, ich bin hier im Auftrag." Und ich war schockiert, dass sie Casey
Kauffman von Al Jazeera als Journalisten führten,
genauso
wie Hassan Ghani von PressTV. Aber wenn es um mich ging,
wurde
ich dem Rest der Aktivisten zugeordnet.
AG: Was geschah mit Hassan Ghani?
JH: Ich habe nichts von Hassan gehört. Er wurde als der Iraner
bezeichnet. PressTV ist eine iranische Station. Hassan ist kein Iraner.
Er ist pakistanischer Abstammung und in Wirklichkeit Brite. Er ist in
Großbritannien geboren und hat einen britischen Pass. Aber
sie
haben ihn fortwährend als den Iraner bezeichnet. Ich war
deshalb
beunruhigt, was mit ihm passieren würde, wenn sie weiterhin
als
Iraner bezeichnen würden.
AG: Dies ist der israelische Armeesprecher Ari Shalikar, der die
israelische Entscheidung verteidigt, die Flottillenboote in
internationalen Gewässern abzufangen.
Ari Shalikar: Vor kurzem ist die israelische Marine an Bord der beiden
Schiffe gegangen, wie dabei waren, die See-Sicherheitsblockade, die von
Israel über den Gazastreifen verhängt wurde, zu
brechen. Wir
sprechen von einem sehr eindeutigen Fall von Provokation, und wir
behalten uns das Recht vor, unsere Grenzen zu schützen.
AG: Das war der israelische Armeesprecher, der sagte, wir behalten uns
das Recht vor, unsere Grenzen zu verteidigen. Jihan Hafiz, deine
Antwort.
JH: Das war eine Reaktion, die wir alle schon kannten, sobald das
Medienembargo, das Informationsembargo aufgehoben wurde, haben die
Israelis sofort reagiert. Und die Reaktion schien mit dem
zusammenzupassen, was sie sagten. Wir waren uns
bewußt,
dass sei das würden - wenn sie die Boote abfangen
würden -
und wir wußten, dass sie die Boote abfangen würden
-, dass
dies die Reaktion sein würde, dass wir ihr Embargo verletzen
würden. Und wir hörten auch, dass die 100 km, dass
sie
Zuständigkeit hätten über internationale
Gewässer.
Und sie machten es auch uns gegenüber sehr klar.
Ich erwähne nur, was eine der Bewacherinnen zu uns sagte: "Ihr
seid keine Israelis, ihr seid jetzt in Israel. Und wir bestimmen was
Recht ist." Und so ging es die ganze Zeit. Selbst als Journalisten
sagten: "Wir waren in internationalen Gewässern, ihr habt uns
entführt, wir sind hier gezwungenerweise. Wir werden nichts
unterschreiben, was behauptet, wir wären hier auf illegale
Weise
hergekommen. Denn das sind wir nicht." Sie sagten weiterhin: Das
entspricht dem Völkerrecht, ihr habt ein sogenanntes
internationales Embargo gegen Gaza verletzt. Sie sagten nicht das
israelische Embargo, sie sagten das internationale Embargo, um dem, was
sie machten, mehr Gewicht zu geben.
AG: Du bist eine US-Staatsangehörige und die US-Regierung ist
verantwortlich für das, was mit dir passierte. Wie war die
Reaktion der USA als du dort für drei Tage im
Gefängnis warst?
Ich war sehr schockiert über die US amerikanische Reaktion,
über die Art wie sie in unserem Fall involviert waren. Kit
Kittredge und ich waren beide US-Staatsangehörige.
AG: Kit Kittredge war die amerikanische Aktivistin.
JH: Sie war in der Tat die einzige amerikanische Aktivistin auf der
Reise. Und wir waren schockiert, wie lange es dauerte bis sie uns zu
Hilfe kamen. Die irische Delegation, die australische und die
kanadische Delegation hatten ihre Repräsentanten, und der
irische
Botschafter kam an drei Tagen während der Gefangenschaft. Die
Amerikaner kamen zweimal. Und sie kamen ganz am Ende des Tages. Mit
kaum einer hilfreichen Information außer mit dem, was sie uns
Israelis uns zu tun aufforderten, das heißt, unterschreiben
Sie,
dass Sie illegal eingereist sind.
Und ich fand das ziemlich erstaunlich, dass der US-Vertreter von der
US-Botschaft uns sagte – er gab zu, dass sie in Israel
machtlos
sind. Sie sind machtlos in unseren Fällen. Dass sie im Ausland
sind, und dass sie nichts machen könnten. Dass sie nur an der
Nase
herumgeführt werden. Und ich habe mich gefragt, warum sie am
zweiten Tag so spät gekommen sind. Kit und ich sagten zu
ihnen:
"Wo zum Teufel seid ihr gewesen. Wir verrotten hier in dieser
Haftanstalt, keine Information, wir schauen zu wie die irischen und die
kanadischen Vertreter herausgehen und mit ihren Leuten reden und mit
wichtigen Informationen in Bezug auf ihre Freilassung
zurückkommen. Und in der Zwischenzeit verrotten wir und fragen
uns, was mit unserer Regierung passiert ist, und fragen uns, weshalb
sie uns nicht herausholen können in Anbetracht der engen
Verflechtung finanziell und militärisch zwischen Israel und
den
Vereinigten Staaten.
AG: Und wie war die Reaktion?
JH: Die Reaktion war: Sie führen uns an der Nase herum. Und
dass
sie im Ausland machtlos sind Die sagten
buchstäblich: Wir
sind im Ausland machtlos. Und wir konnten es nicht fassen, dass sie so
etwas zu uns sagen würden. Das war die US-Botschaft. Alle in
der
Delegation dachten, dass die USA uns zu Hilfe kommen würden.
Sie
würden sehr schnell einen Weg finden, uns als
US-Staatsangehörige herauszuholen. Aber ich muss sagen, den
anderen Delegationen ging es wesentlich besser als Kit und mir. Der
irische Botschafter kam jeden Tag und er weigerte sich zu gehen.
AG: Hat der US Botschafter euch besucht?
JH: Natürlich nicht. Und wir haben ihn aufgefordert zu kommen.
Und
wir haben ihn aufgefordert sicherzustellen, dass die israelischen
Gefängniswärter uns freie Versammlung gestatten und
einen
offenen Hof. Wir fühlten uns nicht als Kriminelle oder als
Immigranten, die ausgewiesen werden sollten. Wir waren dort als
politische Gefangene und wollten das gegenüber den
Gefängniswärtern eindeutig klarmachen, dass wir
Schreibmaterial und andere Dinge haben sollten, wie sie die anderen
Delegationen hatten. Aber sie schienen fast, "Oh, nein, das
wäre
doch wohl etwas zu viel des Aufwands. Wir versuchen euch nur frei zu
kriegen." Aber das, was sie eigentlich am meisten bestrebt waren, war
uns dazu zu bringen, das Papier zu unterschreiben.
AG: Das aussagte, ihr wärt illegal nach Israel eingereist.
Also, was es dann zum Schluss passiert?
JH: Zum Schluss habe ich ein Deportationspapier unterschrieben. Meine
Deportation aus Israel. Das enthielt nichts darüber, dass ich
illegal eingereist wäre. Ich habe nur zugestimmt, dass ich
nach 72
Stunden deportiert würde.
AG: Wo war deine Ausrüstung? Deine Bänder und deine
Kamera.
Was haben Sie dir gesagt wie du sie zurückbekommen
würdest?
Denn sie haben uns versichert, dass du sie am Flughafen bekommen
würdest.
JH: Wiederholt habe ich ihnen gesagt – und ich sah meine
Ausrüstung im Wert von $ 20.000 als ich am ersten Abend ins
Lagerhaus hineinkam, wo sie die Leibesvisitation vornahmen. Ich sah
meine Ausrüstung auf einem Tisch und ich sagte, ich
bräuchte
eine Quittung für alles, was mir gehörte. Und sie
sagten
ständig: Am Flughafen, wenn sie abreisen, am Flughafen
bekommen
sie es. Und natürlich, als ich mich mit dem Vertreter der
US-Botschaft unterhielt, sagten sowohl der
Gefängniswärter
ebenso wie der für das Gefängnis zuständige
Offizier:
"Sie bekommt ihre Ausrüstung am Flughafen, wenn sie abreist."
Als
ich letzte Nacht abflog, nicht nur, dass ich ohne jede Information
abflog, buchstäblich als politische Gefangene, als eine
Gefangene,
als einen Kriminelle. Sie erlaubten mir keinerlei Kommunikation mit
anderen Leuten, die das Land verließen. Sie brachten mich
über eine separate Treppe in den vorderen Teil des Flugzeugs
hinein. Und als ich sie wiederholt fragte: Wo ist meine
Ausrüstung? Oh, tut uns leid. Sie müssen die
US-Botschaft
veranlassen, die Ausrüstung zu bringen.
Es war extrem verwirrend, denn ich sah den Kommandeur, der mir meine
Sachen am Freitag weggenommen hatte. Am Flughafen. Er lehnte es ab, mit
mir zu reden. Er lehnte es ab, mir seinen Namen zu sagen. All diese
Einzelheiten, wen ich bei der israelischen Regierung anrufen
könnte wegen über meine Ausrüstung.
Und sie waren die ganze Zeit extrem ausweichend. Ich kannte meine
Flugnummer nicht bis ich heute morgen in New York angekommen bin. Und
ich wusste noch nicht einmal, dass ich nach New York einfliegen
würde, bis ich ungefähr die halbe Strecke
über dem
Mittelmeer zurückgelegt hatte. Sie ließen uns
völlig im
Dunkeln, behandelten uns die ganze Zeit wie Kriminelle. Das war meine
Erfahrung dort.
Ich möchte die entwürdigenste Erfahrung
erwähnen aus der
Zeit, als ich in ihren Händen war. Im Gespräch mit
den
anderen weiblichen Wärtern (Versprecher), die jetzt meine
Schwestern sind, nach dem, was wir erlebt haben. Als wir gerade
angekommen waren .. .
AG: Die weiblichen Wärter?
JH: Nein, die weiblichen Gefangenen. Die Frauen von der irischen
Delegation ebenso wie die kanadischen und die amerikanischen. Als wir
gerade die Treppe betraten, waren ungefähr 40
Gefangenenwärter draußen. Vier von ihnen, vier von
den
vierzig, haben die ganze Zeit Videokameras auf unsere Gesichter
gerichtet. Sie brachten unser Gepäck rein. Sie filmten uns
weiterhin, eine weitere Durchsuchung, in der Tat eine weitere
Leibesvisitation, sie filmten unsere Ausweise.
AG: Sie filmten euch nackt?
JH: Ja, in der Tat. Sie filmten mich von hinten, nicht unten herum,
meinen Rücken, nackt. Und dann brachten sie uns in die Zone,
wo
unsere Daten bearbeitet wurden. Und dort waren ungefähr 10
Wärter bei jedem meiner Gepäckstücke, die
meine Sachen
durchwühlten, abschnüffelten, meine
Unterwäsche,
verschiedene Metalldetektoren hineinsteckten, die immer wieder die
gleichen Bewegungen auf eine sehr roboterartige Weise wiederholten. Als
wäre da keine Menschlichkeit im Raum. Sie konnten mir nicht
sagen:
"Wir durchstöbern jetzt Ihr Gepäck, schauen Sie es
sich an."
Sie machten das auf eine sehr mechanische Art.
AG: Und als man dich ins Flugzeug setzte, den Continental-Flug nach
Hause.
JH: Ja, als ich mit Continental nachhause flog, bekam ich keinerlei
Information. Der Wärter, der mich hineinbrachte - ich
weiß
nicht was er der Stewardess erzählt hat. Ich habe mehrmals um
eine
Zeitung gebeten. "Ich habe keine Ahnung, was bis heute in der Welt
vorgegangen ist." Und ich bat sie mehrmals um eine Zeitung, kann ich
eine Zeitung haben. Und dann in letzter Minute sagte sie: "Nein, Sie
kriegen keine Zeitungen." Und ging weg und sagte nichts weiter. Ich
habe keine Szene gemacht. Es wäre etwas beschämend
oder
chaotisch gewesen wegen all der anderen Passagiere. Und deshalb habe
ich es dabei gelassen.
AG: Du konntest anrufen ...
JH: Ich konnte ...
AG: Während du in Haft warst an diesen Tagen?
JH: Ja, nach 48 Stunden konnte ich telefonieren. Und in der Tat eines
der Rechte, von denen sie behaupteten, sie hätten sie uns
verlesen, war: Sie haben das Recht, einen engen Freund, einen
Verwandten, einen Rechtsanwalt oder einen Vertreter ihres Landes nach
der Inhaftierung zu kontaktieren. Mir war es möglich, nach 48
Stunden ein Telefongespräch zu führen. Niemand wusste
was mit
mir passiert war, niemand hatte was von mir gehört oder
wusste, ob
alles mit mir in Ordnung war. Erst nach 48 Stunden als ich meine
Schwester anrief. Und sie haben das Gespräch aufgenommen. Und
sie
gestatteten nur 3 Minuten.
AG: Und der Anruf konnte an wen gehen?
JH: Der Anruf konnte nur in das Heimatland gehen. Man durfte ins
Heimatland anrufen und nur einen Verwandten. Und sie sagten mir: Sagen
Sie nicht irgendetwas Negatives. Berichten Sie über gute
Dinge,
die Ihnen geschehen sind. Beschreiben Sie wie wir Sie behandeln. Sagen
Sie nichts Negatives. Sie sagten das den anderen Frauen auch. Sie
sagten zu den anderen Frauen: Erzählen Sie am Telefon nichts
Negatives. Sagen Sie nichts Politisches am Telefon.
AG: Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Mehrzahl der Leute, die
festgenommen wurden, noch in Haft. Kannst du in diesen letzten 30
Sekunden noch sagen, was du über diese Leute jetzt noch
weißt.
JH: Sie sollen heute freigelassen werden. Die 78 Stunden ihrer Haft
waren letzte Nacht verstrichen. Ich glaube, die irische Delegation
lehnt es ab, ihre Flugtickets zu kaufen. Sie sind der Meinung, dass das
israelische Innenministerium die Tickets kaufen muss, denn dieses hat
die Entführung und das Hineinbringen nach Ashdod veranlasst.
Ich
glaube, Kit Kittredge, die andere Amerikanerin, die einzige
amerikanische Delegierte auf dem kanadischen Schiff, wird auch nach New
York ausgewiesen. Sie sollte bald hier sein. Und dass die Kanadier
zusammen mit Michael Coleman, dem Australier, und den Iren ein Komitee
in ihren Zellenblock gebildet haben. Sie verlangen, dass die
israelischen Gefängniswärter freie Versammlung,
freien
Lesestoff und Telefongespräche ermöglichen. Das war
etwas,
was wir als fünf Frauen in unserer Zelle nicht hatten. Wir
waren
nicht in der Lage, in solchen Druck auszuüben, wie es die
Männer als 15 Individuen konnten, tatsächlich mehr
als 15
Leute.
AG: Wirst du deine Ausrüstung zurückbekommen?
JH: Ich hoffe es. Der amerikanische Beamte an der Botschaft teilte mir
mit, sie hätten anderthalb Jahre gebraucht, um
beschädigte
Ausrüstung von der Mavi Marmara-Fahrt für andere
Journalisten
zurückzubekommen. So, ich hoffe sie halten ihr Wort und
stehlen
und beschädigen meine Ausrüstung nicht. Ich
hätte es
vorgezogen, Israel mit meinen Sachen zu verlassen. ich weiß
nicht
wie lange ...
AG: Und das Filmmaterial von der ganzen Reise.
JH: Mein Filmmaterial von der ganzen Reise, meine Festplatte, alles.
Alles wurde mir weggenommen. Ausrüstung im Wert von $20.000.
AG: Jihan Hafiz. ich möchte ihnen danken, dass Sie gekommen
sind.
Die Democracy Now-Korrespondentin ist gerade in die USA
zurückgekehrt, nachdem sie von den israelischen
Behörden in
Haft genommen und ausgewiesen wurde wegen der Berichterstattung
über die Freiheitswellen-Flotille nach Gaza. Sie wurden in
internationalen Gewässern festgenommen und nach Israel
gebracht,
wo sie festgehalten wurden. Dies ist Democracy Now!, democracynow.org,
der Kriegs- und Friedens-Report. Wenn Sie ihre Berichte aus den
internationalen Gewässern sehen wollen, gehen Sie zu unserer
Webseite democracynow.org.
Übersetzung:
Peter Voß
PalisD,
www.palis-d.de
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