Wir
fuhren zur nächsten Straßeneinmündung weiter (3). Dies ist eine Gegend,
die viel Zerstörung erlebt hat, von der noch einiges sichtbar war. Ich wollte soweit 'nördlich wie möglich, aber nach einem kurzen Stück (4) hielt der Taxifahrer an und bedeutete mir mit "bumm, bumm", dass er nicht gewillt war weiter zu fahren. Wie man in der 'no-go'-Karte sehen kann, hatten wir die 'no-go'-Grenze der ehemaligen Siedlung erreicht. Das rechte Foto zeigt andeutungsweise die Tankschiffmole des Kraftwerks in Aschkelon. Wir fuhren zurück zur letzten Einmündung und fuhren den Hügel hoch Richtung Beit Lahiya. Auf dem Weg kamen wir an einer Gasflaschen-Füllstation vorbei, deren Hauptteil in Trümmern lag. Das Hinweisschild stand noch und war sogar auf Hebräisch beschriftet. Sonst gab es auf dieser Strecke eingezäunte Gärten und Felder, wobei ich – wie auch später meistens – nicht feststellen konnte was genau dort angebaut wurde. Im Hintergrund waren viele Gewächshäuser zu sehen. Der Boden war sandig und war mit Schläuchen von Bewässerungseinrichtungen überzogen. Ich hatte im Laufe der Zeit den Eindruck, dass im Gazastreifen der Feldanbau offenbar nur mit Bewässerung möglich ist. Wir erreichten den Westrand von Beit Lahiya (6), ebenfalls eine Gegend, die stark zerstört wurde. An einer Straßeneinmündung stieg ich aus dem Auto und filmte einen Panoramablick. An
dieser Stelle eine allgemeine Bemerkung zu Panoramaaufnahmen: Ich war
offensichtlich sehr fixiert auf Videoaufnahmen, obwohl ich bereits die
Erfahrung hatte, dass normale Fotoaufnahmen für Panoramen besser
geeignet sind. In der hier gezeigten Darstellung ergibt sich bei der
Betrachtung der Aufnahmen immer eine Reihenfolge von links nach rechts,
auch wenn die Aufnahmereihenfolge u.U. anders herum war. Nur wenn es
mir vom Verständnis her unbedingt notwendig erscheint, werde ich im
weiteren Verlauf des Berichts auf die Aufnahmereihenfolge der Bilder
hinweisen.
In dieser Gegend werden auf der Karte viele zerstörte Gebäude angezeigt. Wenn man auf das Satellitenbild schaut, sieht man, dass in der im Vordergrund des Panoramabilds zu erkennenden Leerfläche früher Bäume standen. (6) Am Stadtrand von Beit Lahiya. Panoramablick nach 'Südosten', rechts beschädigtes Haus. Untere Reihe: Wassertank an der Straße (Blick nach 'Osten'), Straße nach Süden, Satellitenbild 2007 Ich hatte immer noch den Drang nach 'Norden', d.h. zum nördlichen Grenzbereich. Wir fuhren aus dem Ort hinaus in die Felder. Die Sicht war an diesem Tag mäßig. Man konnte nur andeutungsweise die ins Meer hinausreichende Mole des Kraftwerks und das Kraftwerk von Aschkelon selbst sehen. Ich ergänze mit einem drei Tage später aufgenommenen Bild. Das Foto links wurde drei Tage später aufgenommen Wir kehrten zur Abzweigung zurück und setzten unseren Weg in Richtung Beit Lahiya fort. Die Gegend sah ziemlich arm aus. Als wir uns einer größeren Kreuzung näherten, gab es einen durch einen Traktor verursachten Stau. Ich stieg aus und lief zur Kreuzung vor, wo ich einen kleinen Supermarkt bemerkte. Ich beschloss hineinzugehen, um mich etwas umzusehen. Ich hatte einen ziemlich leeren Laden erwartet, wie ich solche Geschäfte im Westjordanland und in den Dörfern im Libanon gesehen hatte, aber dieser Laden war wohl gefüllt. Ich fragte den Ladeninhaber, ob ich filmen dürfe. Er stimmte zu solange wie ich ihn nicht filmen würde. Er sprach recht gut Englisch und beschrieb die allgemeine Versorgungslage während ich filmte (mp3-file, 2:53 Min, 1,4 MB). Offenbar ist größte Teil des Angebots in diesem Laden durch die Tunnel aus Ägypten hereingekommen (siehe dazu auch die Liste der von Israel hereingelassenen Sachen). Während ich zuhörte, versuchte ich die verschiedenen Regale zu filmen. Als ich mir das Video später anschaute, hatte ich den Eindruck, dass die Regale vermutlich immer mit dem gefüllt wurden, was gerade erhältlich war. Fleischkonserven standen zwischen den Fruchtkonserven. Der Ladeninhaber erwähnte, dass er die Sachen nicht so beziehen konnte wie er es wünschte. Es
erinnert mich zu einem gewissen Grad an der Berliner Blockade 1948, wo
ja die Grenze zu Ostdeutschland nicht geschlossen war. Weil sie aber
von der westlichen Polizei kontrolliert wurde, wurden wir Kinder
losgeschickt, um einzukaufen was immer es gerade gab.
Der Ladeninhaber erwähnte, dass sich kaum jemand eine Büchse mit Corned Beef für 7 Schekel (€1 => 4,9 Schekel) leisten kann, wenn das Einkommen oft nur bei $1 pro Tag liegt (die Unterstützung durch die UN beginnt offenbar, wenn das Niveau unter $2 pro Tag fällt. Siehe auch einen Artikel in der New York Times/ International Herald Tribune vom 13.7.10). Wir fuhren in nordöstlich in Richtung zum Übergang Erez weiter. Auf dem Wege dorthin fuhren wir an einigen modern wirkenden Wohnblocks vorbei, von denen einige sehr primitiv wirkende Blechhütten davor hatten. Kurz bevor wir die in Richtung Erez gehende Hauptstraße erreichten, hielten wir an einer erhöhten Stelle an, von der man guten Blick in die Landschaft hatte. Wir befanden uns direkt an der verbotenen Zone und konnten die Grenzbefestigung sehen, die hier als Mauer und nicht wie sonst als Zaun verläuft (9).Das dritte Foto zeigt das Dach des palästinensischen Kontrollpunkt an der nach Erez führenden Straße. Wir mussten die Fahrt abbrechen und nach Gaza Stadt zurückkehren, weil ich eine Verabredung im Gesundheitsministerium hatte. Als er die Stadtgrenze von Gaza City erreichten, kamen wir an einigen Ruinen vorbei, die nicht auf der Karte markiert sind. Das Ministerium befindet sich im Stadtzentrum an einer der Hauptstraßen, Al Wehda Street. Der Taxifahrer fuhr durch einige Nebenstraßen. Die ersten beiden Fotos zeigen einen der Plätze, an denen der Schutt der zerstörten Gebäude dazu verwendet wird, um Sinterblöcke herzustellen (s. dazu auch das Interview mit Prof. Jendia). Das dritte Foto zeigt auf der linken Seite den Begrüßungsbogen von Beit Hanoun. Wenn der Gaza Freedom March wie geplant stattgefunden hätte, dann wären wir wahrscheinlich in dieser Gegend in Richtung Erez marschiert. Der Grund für meinen Besuch im Gesundheitsministerium war eine Mitte Juni in Bad Boll stattfindende Tagung mit dem Titel " Partner für den Frieden. Mit Hamas und Fatah reden", zu der der Gesundheitsminister, Basem Naim, eingeladen worden war. Wie wohl zu erwarten war, erhielt er aber kein Visum für Deutschland. Ich besuchte das Ministerium, um herauszufinden, ob es in dieser Situation einen technischen Ausweg geben könnte. Wie sich herausstellte, bestand daran aber kein Interesse. Fortsetzung in Teil 3 Zurück zur Eingangsseite
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